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Bericht 45 +++ Singapur +++ 18. April - 12. Mai 2008

Uns umgab noch tiefe Nacht, als wir am frühen Morgen des 18. April in Singapur eintrafen. Glen manövrierte unseren Motorsegler "Four Friends" (siehe Bericht 44) durch den größten Hafen der Welt. Unzählige Frachtschiffe, manche so hoch wie Wolkenkratzer, lagen hier vor Anker und wir kamen uns winzig vor zwischen diesen Giganten. Auf einigen dieser Riesenfrachter benutzen Seeleute Motorräder, um sich auf dem Deck fortzubewegen. Niemand darf in Singapur ohne vorherige Passkontrolle an Land gehen. Einzig dafür gibt es Immigrationsboote, die ankommende Schiffe zu jeder Tages- und Nachtzeit schon auf dem Wasser kontrollieren. Die Beamten kamen nicht an Bord, sondern wir mussten unsere Pässe in eine Art Kescher (ein Netz an einer langen Stange) legen, mit dem man normalerweise Fische fängt. Nachdem unsere Daten auf dem Immigrationsboot durchgecheckt waren, bekamen wir die Pässe wieder in dem Netz gereicht, ausgestattet mit einem Stempel für eine Aufenthaltsdauer von 30 Tagen. Kapitän Blake erlaubte uns die 25 Tage unseres Aufenthalts in Singapur auf "Four Friends" zu verbringen, was unserem Geldbeutel sehr zugutekam, denn Hotels sind in Singapur teuer. Bedingung war, dass wir das Boot auf Hochglanz bringen mussten, und jeden Tag sollten wir das Vordeck mit Salzwasser abspritzen, was zur Schonung des Holzes beitragen sollte. Die Hochglanzpolitur war bald erledigt und so reduzierte sich unsere Tätigkeit bald auf das morgendliche Abspritzen des Decks, was nicht mehr als 10 Minuten in Anspruch nahm. Den Rest der Zeit vertrieben wir uns mit Angeln und Lesen von Büchern aus der reich ausgestatteten Bibliothek des Kapitäns.

Gleich in den ersten Tagen erkundigten wir uns bei den Dockmastern der wichtigsten Jachthäfen in Singapur nach Segelbooten, die nach Australien gingen, und ließen Zettel an den Pinwänden anbringen, wie wir es in Phuket getan hatten (siehe Bericht 43). Doch wie in Phuket war es auch hier wegen der ungünstigen Winde die falsche Jahreszeit für die Skipper in diese Richtung zu segeln, und wir warteten 25 Tage vergeblich auf eine positive Nachricht. Mittlerweile kümmerten wir uns bei der indonesischen und australischen Botschaft um die Ausstellung unserer Visa. Die Ausstellung der indonesischen Visa war kein Problem, wir bekamen 2 Monate, doch die Australier machten Schwierigkeiten. Ich hatte bereits ein Visum für "Down Under", aber von Lina verlangten die Australier einen Geldnachweis von 3.000 australischen Dollar (AUD). Unser Konto jedoch strebte gegen null. Die Beamtin zögerte, als sie die Ausdrucke unseres leeren Kontos in der Hand hielt. Als sie hörte dass wir vorhatten, mit unseren Fahrrädern den fünften Kontinent zu durchqueren, ergriff sie anscheinend Mitleid, und sie stellte für Lina ein Visum für 3 Monate aus.

Singapur ist die sterilste Stadt, die wir jemals gesehen haben. Es liegt keinerlei Müll herum, die Straßen sind wie ausgeleckt. Noch nie haben wir so viele für zivile Privatpersonen aufgestellte Verbotsschilder gesehen wie in Singapur. Was die Sache erst richtig in die Kuriosität abgleiten lässt, sind die unangemessen hohen Geldstrafen für lächerlich geringe Vergehen. Unter jedem Verbotsschild ist die Höhe der Geldstrafe in Singapurdollar (SGD) angegeben. So muss man hier für "Littering" (Wegwerfen von Müll, und sei es auch nur ein Papiertaschentuch) 500 SGD (250 €) bezahlen, Rauchen in der U-Bahn: 1.000 SGD, Essen oder Trinken in der U-Bahn 500 SGD usw. Die Regierung hat gleich Nägel mit Köpfen gemacht, um die verschiedenen teils an Schlamperei und Unordnung gewöhnten Völkergruppen wie Chinesen, Inder und Malaien unter Kontrolle zu halten. Als wir mit der U-Bahn fuhren, vermissten wir völlig alte oder arbeitsunfähige Menschen. Die Menschen kamen uns vor wie Roboter, funktionierende Arbeitsmaschinen in Einheitskleidung ohne Individualität, eingeschüchtert durch die vielen Verbote und hohen Strafen. Singpur ist eine Insel und hat die Form eines Diamanten. Das passt zu diesem Stadt-Staat, denn es geht hier vorwiegend darum, Geld zu verdienen.


Singapur-Timor / 12. - 22. Mai 2008 / 3.420 km

Am 12. Mai 2008 verließen wir Singapur. Erst ging es mit dem Schnellboot nach Batam, eine Insel, die bereits zu Indonesien gehört, etwa 60 km von Singapur entfernt. Es war krass von dem ausgeleckten Singapur wieder in das totale Chaos zu geraten, in dem es scheinbar keine Regeln gab und jeder so leben konnte, wie er wollte. Von Batam legten wir die restlichen 3.360 km auf Pelni-Schiffen zurück, der ganze Stolz der indonesischen Bevölkerung. Im Grunde hätte ich auch stolz sein können, denn ein Großteil der bunt bemalten Flotte von 28 Schiffen, die alle wichtigen Häfen in dem riesigen Inselreich anläuft, wurde in Deutschland gebaut. Die Leute in Indonesien sind erschreckend arm, und auf einem Pelni-Schiff zu reisen ist ein Privileg. Meist bewegen sich die Indonesier in völlig überladenen Schiffen durch das Inselgewirr Indonesiens. Das Reisen auf diese Art ist gefährlich und oft sinken diese Fähren mit Mann und Maus. Das Risiko eines Untergangs ist auf einem Pelni-Schiff gering, aber der Transport natürlich vergleichsweise teuer. Auf der "K.M. Kelud" fuhren wir in 28 Stunden 900 km von Batam bis zur Hauptstadt Jakarta auf der überbevölkerten Insel Java in der sogenannten Economy-Class für umgerechnet knapp 20 EURO pro Nase. Mit dem etwas kleineren Pelni-Schiff "Sirimau" ging es in 6 Tagen rund 2.500 km von Jakarta nach Kupang/Timor, das Ticket für die Eco-Class kostete uns umgerechnet 38 Euro pro Person. Auf der "K.M.Kelud" waren die hygienischen Zustände in der Eco-Class noch erträglich. Auf dem Pelni-Schiff "Sirimau" jedoch katastrophal. Tausende von Kakerlaken bevölkerten die verdreckten Decks und machten sich über die Essensreste her. Wir standen wie bescheuert mit unseren vollgepackten Fahrrädern in diesem Chaos aus Menschen, Gepäck und Dreck und hatten noch nicht mal einen Platz zum Schlafen. Wie sollten wir unter diesen Umständen 6 Tage auf diesem Schiff aushalten? Nachdem das Schiff abgelegt hatte, gingen wir zum zuständigen Offizier für die 1. und 2. Klasse. Die Kabinen der oberen Klassen waren praktisch leer und er ließ sich sofort auf einen Handel ein. "Ticket change no problem?" fragte er. Das war wohl einer der wenigen englischen Sätze, die er auswendig konnte, denn das erworbene Geld wurde wohl an der Company vorbeigewirtschaftet und unter der Crew aufgeteilt. Seine Augen leuchteten als wir ihm 1.400.000 Rupien (etwa 100 Euro) auf den Tisch legten, und er wies uns die Kabine des Doktors zu, mit Klimaanlage, heißer Dusche und TV, und so groß, dass sogar unsere Fahrräder darin Platz fanden.

Auf Pelni-Schiffen gibt es für jede Klasse 3 Mahlzeiten pro Tag. Aber der Unterschied in der Qualität des Essens zwischen der Eco-Klasse und den anderen Klassen ist krass. In der Eco-Klasse werden die Menschen abgefüttert wie Schweine. Zu jeder Tageszeit gibt es Reis mit wenig variierenden Zutaten. Wenn es Fisch gab, dann gab es für die 3. Klasse nur den Kopf, zum Frühstück gab es lediglich ein gekochtes Ei mit etwas Soße. In den oberen Klassen speist man vergleichsweise königlich. Es gab Fische ohne Köpfe und Wassermelone zum Nachtisch. Auf einem Streckenabschnitt spürten wir, dass wir im Vergleich zur indonesischen Bevölkerung tatsächlich mit einem goldenen Löffel im Mund geboren waren. Als einzige Passagiere der oberen Klassen saßen wir mutterseelenallein in dem großen Speisesaal, eine Band spielte, wir bekamen vom Personal reichhaltiges Essen aufgetragen und unter uns, auf den Decks der Economy-Class, mussten sich rund 1.000 indonesische Passagiere mit den Kakerlaken das Schweinefutter teilen.    andreaslina@yahoo.de




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