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Bericht 46 +++ Juni 2008 +++ Warten in Kupang

Kupang, das Ende der Welt. So scheint es zumindest, wenn man wochenlang auf ein Boot wartet, das vielleicht niemals kommen wird. Es mutet seltsam an, denn das australische Festland ist nur 500 km entfernt und doch gibt es keine regulären Schiffsverbindungen und der Flugverkehr nach Darwin, der nördlichsten Großstadt Australiens, wurde im April 2008 eingestellt. An diesem Ort hat schon der berühmte Weltenentdecker Kapitän James Cook geankert und Kapitän Bligh fand hier Zuflucht nach der Meuterei auf der Bounty. Kupang liegt auf der Insel Timor im äußersten Süden Indonesiens und ist trotz ihrer geschichtsträchtigen Vergangenheit eine furchtbar langweilige Stadt. Die Indonesier haben eine in Asien einmalige Angewohnheit, die sie schon ihren kleinen Kindern beibringen. Überall wird der Ausländer mit "Hello Mister" gegrüßt, wohl noch eine Angewohnheit aus der Kolonialzeit. Bei einem halbstündigen Spaziergang wird man etwa 20-mal auf diese Weise angesprochen und das kann furchtbar auf die Nerven gehen. Hier in Kupang gibt es öffentliche Verkehrsmittel, sogenannte "Bemos", das sind Kleinbusse für etwa 8 Passagiere. Sogar die Windschutzscheiben dieser Fahrzeuge sind bunt beklebt mit Bildern und Sprüchen, und alle sind ausgestattet mit einer wattschweren Musikanlage, die unerträglichen Lärm produziert. Die Leute hier nennen das "Disco on the road". Hier ist der logische Endpunkt für Asienreisende, die nach Australien wollen. Doch alles fliegt heutzutage und Leuten wie uns, die ihre Reise auf dem Land- und Seeweg gestalten, wird das Weiterkommen schwer gemacht. Wir setzten unsere Hoffnungen auf ein Fischerboot, von dem wir schon vorher gehört hatten. Nach erfolgtem Fischen in den umliegenden Gewässern setzte das Boot etwa einmal im Monat über nach Darwin, um den Fang zu verkaufen. Um den mageren Ertrag etwas aufzupäppeln, nahmen die Fischersleute in der Vergangenheit öfter Touristen mit, gegen eine Gebühr von 300 AUD (181 €). Schon am Tag unserer Ankunft trafen wir uns mit dem Bootseigentümer und er redete von Schwierigkeiten mit den australischen Behörden, die ihm den Transport von Passagieren vermiesen, insofern, als dass sie die Gäste nicht als Passagiere, sondern als arbeitende Crew einschreiben wollen, und das verschlänge angeblich unbezahlbare Summen. Ob die Geschichte wirklich stimmte oder er einfach nur mehr Geld aus uns herauskitzeln wollte wissen wir bis heute nicht. Er ließ sich nie wieder blicken und die Geschichte verlief im Sande.

Zwischenzeitlich geierten wir jeden Tag nach privaten Segeljachten, die uns vielleicht mitnehmen konnten, sozusagen per Anhalter. Es ankerten sogar einige in der Bucht von Kupang, doch es stellte sich heraus, dass alle in die entgegengesetzte Richtung segelten. Zu dieser Jahreszeit kommen die starken Winde immer vom australischen Festland und niemand ist bereit dagegen anzukämpfen. Der letzte Hoffnungsschimmer stellte ein etwa 20 m langer Motorsegler dar, der sich gerade in australischen Gewässern befand. Edwin, der Manager der Lavalon-Bar und des gleichnamigen Hotels in dem wir abgestiegen waren, gab uns die Telefonnummer des Kapitäns und Bootseigentümers. Das Boot war bereits für Leute des britischen Fernsehsenders BBC gebucht. Von Edwin erfuhren wir auch den unverschämten Preis von 500 AUD (303 €) den der Kapitän für eine Überfahrt verlangte. Und das pro Person. Wir hielten Edwin für ein Schlitzohr, der nach Absprache mit dem Kapitän dumme Touristen an der Nase herumführt und einen Großteil des Geldes in die eigenen Taschen wandern lässt. Vielleicht wurde der Preis auch von den BBC-Leuten in die Höhe getrieben, die die Überfahrt vom Sender finanziert bekamen. Jedenfalls fühlten wir uns regelrecht verarscht und ausgebeutet und teilten dem Kapitän per SMS mit, dass wir nicht mehr als 300 AUD zahlen könnten. Nach weiteren bangen Tagen des Wartens erhielten wir um 5 Uhr, am Morgen des 17. Juni, die erschütternde Nachricht vom Kapitän per SMS. "We have a full boat for now". Auf Nachfrage teilte er uns mit, dass das BBC-Filmteam das ganze Boot gechartert hätten. Nach stundenlangen Verhandlungen per SMS konnten wir ihn schließlich davon überzeugen, dass wir ihm als Crew dienlich sein können und das gelang uns offenbar so gut, dass er kein Geld mehr von uns haben wollte. Nun konnte es weitergehen Richtung Australien.    andreaslina@yahoo.de




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