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Bericht 38 +++ Dezember 2006 +++ Zwei Pole: Hongkong und Xiahe

1997 übergab Großbritannien Hongkong offiziell an die Volksrepublik China. Seitdem ist Hongkong Sonderverwaltungszone und verwaltet das Territorium die nächsten 50 Jahre - in Wirtschaft und Politik relativ unabhängig von China. Das bedeutet auch, dass man eine Grenze zwischen den beiden Territorien passieren muss und je nach Staatsangehörigkeit in beiden Richtungen ein Visum braucht.

Mit viel Stress haben wir beide uns nun ein 6 Monate gültiges Business Visum für China beschafft. Eigens für diesen Zweck nahmen wir die rund 3000km lange und 34 Stunden währende Zugfahrt nach Hongkong im Kauf. Für umgerechnet nur 55 Euro pro Nase beförderte uns der neue aus der tibetischen Hauptstadt Lhasa kommende Zug in einem sogenannten "Hard-Sleeper"-Abteil von Xining nach Guangzhou, mit dem Bus waren es dann noch 100km bis Hongkong. Selbstbewusst und sicher ein 6-Monats-Visum zu bekommen gingen wir zur chinesischen Botschaft, doch die verlangten plötzlich ein Einladungsschreiben einer Firma, bei der wir in China arbeiten. Missbrauch hat wohl zur Änderung der chinesischen Politik geführt, denn früher bekam man ein Businessvisum ohne Probleme. Ansonsten gewährten sie nur ein Touristenvisum für einen Monat. Wir gingen zu mehreren Reiseagenturen und eine schien die Lösung für uns zu haben. Für umgerechnet 110 Euro (in der Botschaft hätten wir nur 40 Euro bezahlt) waren sie in der Lage uns ein Businessvisum zu beschaffen, mit Geld geht scheinbar alles. Da Lina kein freies Blatt mehr in ihrem Pass hatte, löste die in der Agentur arbeitende Frau geschickt mit einem Messer ein altes ungültiges chinesisches Visum heraus und behandelte die klebrige, frei gewordene Seite mit etwas Puder. "Now it's perfect", kommentierte sie stolz ihre Arbeit und innerhalb eines Tages klebten zwei für 6 Monate gültige Businessvisa in unseren Pässen.

Hongkong ist ein teures Pflaster und hat uns keine Freude bereitet. Eine mittelgroße einzeln in Frischhaltefolie eingepackte Kartoffel im Supermarkt kostet umgerechnet 20 Eurocent, ein Essen im Restaurant für 2 Personen 10 Euro. Für europäische Verhältnisse nicht viel, doch für einen Traveller... Glücklicherweise hatten wir in unserem Hotel die Gelegenheit selbst zu kochen und damit die Kosten gering zu halten. Noch nie haben wir so viele McDonalds Restaurants in einer Stadt gesehen. Das Business lohnt sich für die Kette, denn die Filialen sind immer proppenvoll. Hier kann man im Vergleich noch am günstigsten essen.

Wir fühlten uns nicht wohl in diesen gigantischen Hochhausschluchten, wo selten die Sonne scheint. Business ist die Hauptatmosphäre hier, wer kein Business macht, hat hier nichts zu suchen. Die Leute sind hektisch, eingebildet und äußerst unfreundlich. Wir waren froh wieder ins "richtige China" zurückzukehren und dieser unerträglichen Hektik den Rücken zu kehren.

Weihnachten verbrachten wir in Xiahe. Wer nicht die Gelegenheit hat nach Lhasa zu gehen sollte diesen kleinen, heiligen Ort besuchen. Überrascht waren wir in einigen Souvenierläden Bilder vom "Dalai Lama", des im indischen Exil lebenden Oberhaupt der Tibeter vorzufinden. Aus Angst vor einer erneuten Machtergreifung sind Besitz und Verkauf der Bilder von den Chinesen strengstens verboten. Auch in einem Schrein in einem Tempel sahen wir ein kleines Bild. Sage und schreibe 1174 Gebetsmühlen umrunden den riesigen Tempelkomplex des Klosters Labrang, und die Wohnstätten der rund 1200 Mönche. Die Tibeter umkreisen unermüdlich im Uhrzeigersinn in einer sogenannten 3km langen "Kora" den heiligen Bezirk. Auch die Gebetsmühlen werden von Hand im Uhrzeigersinn gedreht. Jede Umdrehung soll ein Gebet zum Himmel schicken, welches den Geist reinigen, und von überflüssigen Gedanken befreien soll. Wir besuchten die vielen Tempel mit ihren Buddhastatuen und die Gebetshalle der Mönche. Vieles hat sich durch den Tourismus geändert. Die Spiritualität hat gelitten. Die Mönche der Gelbmützensekte bekommen bei ihren 2-mal am Tag stattfindenden Ritualen von Gläubigen Bündel von Geldscheinen zugeworfen, welche dann noch während des Rituals eifrig gezählt werden. Von dem Geld essen die Mönche dann in Restaurants, und schlafen in Hotels. Um dem monotonen Klosteralltag zu entgehen, schauen sie TV und surfen im Internet. Regelrecht schockiert waren wir, als wir einen jungen Mönch einen sogenannten "Ego-Shooter" spielen sahen, bei dem er reihenweise Menschen erschoss.   andreaslina@yahoo.de




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