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Bericht 23 +++ September/Oktober 2005 +++ Mount Kailash +++ Ankunft in Lhasa

Auf dem monumentalen festungsähnlichen Potala weht die rote chinesische Fahne. Der Potala war der Regierungssitz des Dalai Lama, dem Oberhaupt der Tibeter. Während der chinesischen Kulturrevolution in den 50er Jahren wurde ein Großteil der tibetischen Klöster von den chinesischen Aggressoren zerstört und der Dalai Lama aus dem Land vertrieben. Er lebt jetzt in Indien im Exil und versucht von dort aus den Tibetern ein guter Führer zu sein. Allerorten verlangen die Tibeter von uns Bilder von ihrem Oberhaupt, doch diese Bilder zu besitzen oder zu verbreiten ist verboten, und wir tun dies auch nicht, um die Tibeter und uns nicht in Schwierigkeiten zu bringen.

Wir befinden uns jetzt in Lhasa, der Hauptstadt von Tibet. Früher war die "verbotene Stadt" für Ausländer unerreichbar. Einst ein Mythos, heute ein Einkaufsparadies. Wenn man hier durch die Straßen schlendert fühlt man sich wie auf dem Kurfürstendamm in Berlin. China ist ein reiches Land geworden und die Leute strampeln sich langsam von den Fesseln des Kommunismus frei.

Mit dem Geld kommt auch die Verdorbenheit. Wir beobachten die hier überall anzutreffenden in rot gewandeten Mönche wie sie Cola trinken, mit Handys telefonieren, und um Geld betteln, obwohl dies zur Förderung ihres spirituellen Werdegangs sicherlich eher hinderlich als förderlich ist. Wir sehen dicke Tibeterinnen, die ihre Kinder darauf abgerichtet haben bei den Touristen auf Knien um Geld zu betteln. Die Mütter laufen mit Plastiktüten voller Bierflaschen hinterher.

Der Jokhangtempel im Zentrum von Lhasa ist das spirituelle Herz Tibets. In den Nachmittagsstunden wird der Tempel für die Pilger geöffnet. Hunderte von Pilgern strömen dann in das heilige Innere des Tempels. Wir wunderten uns über die Thermoskannen, die viele Menschen neben anderen Gaben in den Händen hielten. In diesen Kannen befindet sich erhitzte verflüssigte Yakbutter, die als Brennmaterial für die überall im Tempel flackernden Butterlampen dient. Stunden kann es dauern bis man endlich den bedeutendsten Schrein im hinteren und heiligsten Teil des Tempels erreicht. Der Schrein beinhaltet neben zahlreichen anderen Statuen auch die wohl am meisten verehrte Buddhaskulptur des "Jowo Sakyamuni", die im 7. Jahrhundert von einer chinesischen Prinzessin nach Tibet gebracht wurde. In diesem Schrein hat ein Mönch alle Hände voll zu tun um die von den Pilgern gespendete Butter in Behälter zu gießen.

Der Jokhang wird wie alle Heiligtümer Lhasas von Tibetern in sogenannten Koras im Uhrzeigersinn umkreist. Das in seiner Ausdehnung wohl größte Heiligtum Tibets ist der 1200km von Lhasa entfernte, schwer zugängliche 6714m hohe Berg Kailash. Auch dieser Berg wird von gläubigen Hindus und Buddhisten im Uhrzeigersinn umkreist. Wir benötigten 3 Tage für die Umrundung. Manche besonders eifrige Gläubige messen die Kora mit ihrer Körperlänge aus und werfen sich permanent auf den Boden. Bei ihnen dauert die Kora 3 Wochen. Besonders bewundern wir die alten Menschen, die diese Strapazen auf sich nehmen, denn der Weg ist steinig und führt über einen 5600m hohen Pass. Fast jeder Pilger bringt ein paar alte von ihm getragene Kleidungsstücke mit und lässt sie am Kailash, als Symbol sein altes Leben abzustreifen. Nach dem Glauben der Buddhisten muss man den Berg 108 mal umkreisen um Erleuchtung zu erlangen.

Aufgrund ihrer Religion, dem Buddhismus, sind die Tibeter friedliche Menschen. Sie versuchen nicht ihre Interessen mit Gewalttaten durchzusetzen. Unaufhörlich umkreisen sie mit ihren Gebetsmühlen den Potala und hoffen, dass ihr geliebter Herrscher zurückkehrt. Wir hoffen das auch und fühlen mit ihnen.    andreaslina@yahoo.de




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