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Einen Fahrradrahmen von Deutschland in die chinesische
Provinz Tibet geschickt zu bekommen ist ein kleines
Abenteuer. Nach einem Telefonat und einem digital
versendeten Foto vom Rahmenbruch erklärte sich der
Hersteller unserer Fahrräder "riese und müller" aus
Darmstadt bereit uns einen neuen Rahmen zuzuschicken.
Als Folge der Besetzung Tibets durch China ist es aber
nicht erlaubt Pakete aus dem Ausland nach Tibet zu
senden. Die einzige Möglichkeit für einen Versand
war die benachbarte Provinz Xinjiang. Als Empfänger
gaben wir ein uns bekanntes Hotel in der Stadt Kashgar
an. Wir versuchten das Hotelpersonal telefonisch und
per Fax um die Weiterleitung des Paketes nach Tibet zu
bewegen, doch die Leute dort waren verständnislos und
ignorant. Dann wollten wir das Paket selbst abholen,
was wir bald wieder verwarfen, denn die wenigen Busse
hatten wegen dem schlechten Straßenzustand tagelang
Verspätung und waren ausgebucht. 1300km sind es bis
Kashgar und die strapaziöse Fahrt kann zwischen 2-6
Tage dauern.
Unruhige Tage standen uns bevor, und während wir um
eine Lösung rangen, trudelten innerhalb weniger Tage
aus aller Herren Länder
11 Fahrradfahrer in der tibetischen Stadt Ali ein.
Soviel Verkehr hatten wir in
dieser abgelegenen Gegend nicht erwartet. Alle zogen
in dasselbe Hotel und es ging zu wie in einem
Schullandheim. Neidisch blickten wir auf ihre
Fahrradrahmen aus Stahl, wahrscheinlich die bessere
Wahl als unsere zerbrechlichen Rahmen aus Aluminium.
Von allen ernteten wir Mitleid und jeder versuchte uns
zu helfen. Der Spanier Andoni kannte den Schweizer
Extremradler Beat
, dessen Leidenschaft es ist, die
höchsten Pässe der Welt mit dem Fahrrad zu
bezwingen. Zufälligerweise hielt er sich gerade auf
seiner Asientour in Kashgar auf. Über seine Webseite
nahmen wir Kontakt auf und, wohl aus Solidarität
unter Bikern, erklärte er sich sofort bereit sich um
die Sache zu kümmern.
Als das Paket auf seinem Weg nach Kashgar in der
chinesischen Hauptstadt Peking zwischenlandete wurden
wir vom Deutschen Paketdienst DPD nicht informiert,
dass wir uns um die Zollformalitäten zu kümmern
hätten. Vorher schon hatten wir den Paketlebenslauf im Internet
verfolgt, und als es einige Tage in Peking festhing, bekamen wir
auf Anfrage bei DPD von äußerst unfreundlichen Damen
zur Antwort, dass das Paket in Beijing sei und nicht
in Peking. Nachdem wir die Damen aufgeklärt hatten, dass es
sich um ein und dieselbe Stadt handelt fiel ihnen
ein, dass noch die Zollangelegenheiten zu erledigen
seien. So vergingen die Tage und nach einigen falschen
Telefonnummern und schlecht englisch sprechenden
Zollbeamten waren wir mit unseren Nerven am Ende.
Glücklicherweise vermittelte uns unser neuer Freund
Beat an einen chinesisch-englisch sprechenden
Caféhausbesitzer in Kashgar, der uns half das Paket aus
dem Zoll zu schleusen.
Wehmütig schauten wir den anderen Radfahrern hinterher, als sie uns vor wenigen Tagen verließen. Jetzt sind wir wieder allein. Die Wahl unserer Fahrräder würden wir bei einem erneuten Start in Deutschland noch mal überdenken. Im Iran trafen wir zwei Mädels aus Frankreich, die die ganze Welt umrundeten und bereits 60000 Kilometer mit Fahrrädern für 700 Euro ohne Schaden zurückgelegt hatten. Jeder Tag hier in der tibetischen Stadt Ali ist ein verlorener Tag. Wir warten nunmehr über 2 Wochen auf unser Paket, bei einer angegebenen Regellaufzeit von 4-6 Tagen. Meist befinden wir uns wegen der Sorge um unser Paket in einem unangenehm angespannten Zustand. Wir hoffen, dass alles glatt geht und wir die noch verbliebenen rund 1700km zur Stadt Lhasa durch das tibetische Hochland auf den Sätteln unserer Fahrräder zurücklegen werden. andreaslina@yahoo.de