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velotour 2004-2006  
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Ohne Pause rotiert der Ventilator in unserem
Hotelzimmer im Khanpur, Tag und Nacht. Das gehört
hier zum Standard, denn in den schlecht belüfteten
Zimmern fällt das Thermometer manchmal nicht unter 35
Grad Celsius in der Nacht. Eine Decke ist hier
überflüssig und warmes Wasser zum Duschen gibt es
erst gar nicht, weil es sowieso niemand benötigt.
Wir befinden uns in der Indusebene in Pakistan, eine
der heißesten Region der Erde. Zu dieser Jahreszeit
steigt das Thermometer hier bereits bis auf 40 Grad
Celsius, im Sommer wird es über 50 Grad heiß. Der
Indus ist mit einer Gesamtlänge von fast 3.200 Kilometern
der längste Strom Südasiens. Er entspringt im südlichen
Tibet, durchquert das Himalayagebirge, dann folgt die
rund 1.000 Kilometer lange fruchtbare Indusebene in der
etwa drei Viertel der pakistanischen Bevölkerung lebt.
Ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem garantiert
eine kontinuierliche Versorgung der Felder mit dem
kostbaren Nass und aufgrund des günstigen Klimas
können 2 Ernten eingeholt werden. Schon jetzt wird
der Weizen gedroschen und überall auf den Feldern
arbeiten Menschen.
Wegen der dichten Besiedlung wäre ungestörtes Zelten
hier unmöglich, doch diese Frage erübrigt sich für
uns. Seit fünf Tagen werden wir von der
pakistanischen Polizei begleitet. Auf Schritt und
Tritt. Im Straßengewirr der Stadt Sukkur fragten wir
einen Polizisten nach dem Weg nach Islamabad. Wir
wurden aus der Stadt eskortiert und seither lässt uns
die Polizei nicht mehr aus den Augen. Wechselnde
Polizeiautos fahren vor oder hinter unseren
Fahrrädern her und wenn wir zu lange Pause machen
werden wir zum Weiterfahren aufgefordert. Das
empfinden wir natürlich als äußerst lästig und wir
machen eindringlich darauf aufmerksam, dass wir diesen
Schutz nicht benötigen. Es wird uns erklärt das
alles geschehe nur zu unserer eigenen Sicherheit und wir
werden dazu gezwungen in Hotelzimmern zu übernachten.
Die Polizeichefs der Distrikte besuchen uns hier und
erklären uns, dass sich die Sicherheitslage in diesem
Lande seit dem 11. September 2001 mit dem Zusammensturz
der Zwillingstürme in New York geändert habe und sie
hätten strikte Anweisungen Individualtouristen in
bestimmten Gebieten zu beschützen. Das geht sogar so
weit, dass in der Nacht ein bewaffneter Polizist vor
unserem Hotelzimmer wacht. Oftmals brauchen wir nicht
einmal für die Zimmer zu zahlen. Jeder Wunsch wird
uns von den Augen abgelesen. Für uns wird eingekauft,
Fahrradreparaturen werden durchgeführt und wenn wir zum
Basar oder ins Internetcafé wollen steht für diese
Zwecke ein Fahrzeug für uns bereit.
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Vom Polizeichef in dem kleinen Ort Sadiquabad wurden
wir zum Essen eingeladen und dazu aufgefordert noch
einen Tag zu bleiben. Am nächsten Morgen brachte uns
der Fahrer des Polizeichefs in einem klimatisierten
Jeep zu der 28 Kilometer entfernten Bhong Moschee. Fast
ein halbes Jahr bereisen wir nun schon moslemische Länder
und haben schon viele Moscheen besucht, diese ist aber
bisher mit Abstand die prächtigste. Bilder und
Skulpturen sind in den heiligen Stätten des Islam
nicht erlaubt, aber wir sind fasziniert von der
spielerischen farbenfrohen Formenvielfalt mit der hier
die Gottesverehrung ausgedrückt wird.
Unterschiedlichste Materialien wie Teakholz,
Elfenbein, Marmor, Onyx, farbiges Glas, Keramik und
Blattgold wurden verwendet und man spürt die tiefe
Religiosität der Schöpfer in der Liebe zum Detail.
Am Abend waren wir zu Gast im Palast von "Sheik Zayed
Bin Sultan Al Nahayan", dem vor kurzem verstorbenen
Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate. Wir
streiften durch die mitten in der Wüste künstlich
angelegten Gärten mit seltenen Pflanzen und
teppichgleichem australischen Rasen. Einmal im Jahr
kam der Sultan hierher zu Besuch um in der Wüste mit der
Hilfe von abgerichteten Falken die etwa hühnergroße
Houbara-Trappe zu jagen. Der Komplex verfügt über
einen Flugplatz und ein eigenes Hospital. Der Sultan
soll viel getan haben für das pakistanische Volk und
seine Familie ist heute immer noch engagiert. Trotzdem
haben wir das Gefühl, dass die Polizei nur dazu da
ist die Reichen zu beschützen. Wir befinden uns in
der sogenannten 3.Welt und allein die Tatsache, dass
wir aus Europa kommen und in der Lage sind mit unseren
Fahrrädern um die Welt zu radeln macht uns hier zu
reichen Leuten. Das trennt uns von der normalen
Bevölkerung und wir fühlen uns nicht sehr wohl
dabei.
andreaslina@yahoo.de