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Bericht 18 +++ April 2005 +++ Unter per­ma­nen­tem Po­li­zei­schutz +++ Besuch der Bhong Moschee

Ohne Pause rotiert der Ventilator in unserem Hotelzimmer im Khanpur, Tag und Nacht. Das gehört hier zum Standard, denn in den schlecht belüfteten Zimmern fällt das Thermometer manchmal nicht unter 35 Grad Celsius in der Nacht. Eine Decke ist hier überflüssig und warmes Wasser zum Duschen gibt es erst gar nicht, weil es sowieso niemand benötigt.

Wir befinden uns in der Indusebene in Pakistan, eine der heißesten Region der Erde. Zu dieser Jahreszeit steigt das Thermometer hier bereits bis auf 40 Grad Celsius, im Sommer wird es über 50 Grad heiß. Der Indus ist mit einer Gesamtlänge von fast 3.200 Kilometern der längste Strom Südasiens. Er entspringt im südlichen Tibet, durchquert das Himalayagebirge, dann folgt die rund 1.000 Kilometer lange fruchtbare Indusebene in der etwa drei Viertel der pakistanischen Bevölkerung lebt.

Ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem garantiert eine kontinuierliche Versorgung der Felder mit dem kostbaren Nass und aufgrund des günstigen Klimas können 2 Ernten eingeholt werden. Schon jetzt wird der Weizen gedroschen und überall auf den Feldern arbeiten Menschen.

Wegen der dichten Besiedlung wäre ungestörtes Zelten hier unmöglich, doch diese Frage erübrigt sich für uns. Seit fünf Tagen werden wir von der pakistanischen Polizei begleitet. Auf Schritt und Tritt. Im Straßengewirr der Stadt Sukkur fragten wir einen Polizisten nach dem Weg nach Islamabad. Wir wurden aus der Stadt eskortiert und seither lässt uns die Polizei nicht mehr aus den Augen. Wechselnde Polizeiautos fahren vor oder hinter unseren Fahrrädern her und wenn wir zu lange Pause machen werden wir zum Weiterfahren aufgefordert. Das empfinden wir natürlich als äußerst lästig und wir machen eindringlich darauf aufmerksam, dass wir diesen Schutz nicht benötigen. Es wird uns erklärt das alles geschehe nur zu unserer eigenen Sicherheit und wir werden dazu gezwungen in Hotelzimmern zu übernachten. Die Polizeichefs der Distrikte besuchen uns hier und erklären uns, dass sich die Sicherheitslage in diesem Lande seit dem 11. September 2001 mit dem Zusammensturz der Zwillingstürme in New York geändert habe und sie hätten strikte Anweisungen Individualtouristen in bestimmten Gebieten zu beschützen. Das geht sogar so weit, dass in der Nacht ein bewaffneter Polizist vor unserem Hotelzimmer wacht. Oftmals brauchen wir nicht einmal für die Zimmer zu zahlen. Jeder Wunsch wird uns von den Augen abgelesen. Für uns wird eingekauft, Fahrradreparaturen werden durchgeführt und wenn wir zum Basar oder ins Internetcafé wollen steht für diese Zwecke ein Fahrzeug für uns bereit.

Vom Polizeichef in dem kleinen Ort Sadiquabad wurden wir zum Essen eingeladen und dazu aufgefordert noch einen Tag zu bleiben. Am nächsten Morgen brachte uns der Fahrer des Polizeichefs in einem klimatisierten Jeep zu der 28 Kilometer entfernten Bhong Moschee. Fast ein halbes Jahr bereisen wir nun schon moslemische Länder und haben schon viele Moscheen besucht, diese ist aber bisher mit Abstand die prächtigste. Bilder und Skulpturen sind in den heiligen Stätten des Islam nicht erlaubt, aber wir sind fasziniert von der spielerischen farbenfrohen Formenvielfalt mit der hier die Gottesverehrung ausgedrückt wird. Unterschiedlichste Materialien wie Teakholz, Elfenbein, Marmor, Onyx, farbiges Glas, Keramik und Blattgold wurden verwendet und man spürt die tiefe Religiosität der Schöpfer in der Liebe zum Detail.

Am Abend waren wir zu Gast im Palast von "Sheik Zayed Bin Sultan Al Nahayan", dem vor kurzem verstorbenen Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate. Wir streiften durch die mitten in der Wüste künstlich angelegten Gärten mit seltenen Pflanzen und teppichgleichem australischen Rasen. Einmal im Jahr kam der Sultan hierher zu Besuch um in der Wüste mit der Hilfe von abgerichteten Falken die etwa hühnergroße Houbara-Trappe zu jagen. Der Komplex verfügt über einen Flugplatz und ein eigenes Hospital. Der Sultan soll viel getan haben für das pakistanische Volk und seine Familie ist heute immer noch engagiert. Trotzdem haben wir das Gefühl, dass die Polizei nur dazu da ist die Reichen zu beschützen. Wir befinden uns in der sogenannten 3.Welt und allein die Tatsache, dass wir aus Europa kommen und in der Lage sind mit unseren Fahrrädern um die Welt zu radeln macht uns hier zu reichen Leuten. Das trennt uns von der normalen Bevölkerung und wir fühlen uns nicht sehr wohl dabei.    andreaslina@yahoo.de




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