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Bericht 17 +++ April 2005 +++ Iranisch-pakistanisches Grenzgebiet +++ Mit dem Bus bis nach Quetta

An der türkisch-iranischen Grenze hatten wir das Gefühl Europa endgültig zu verlassen. Und erst an der iranisch-pakistanischen Grenze hatten wir das Gefühl endgültig in Asien angekommen zu sein.

Wegen erhöhtem Entführungsrisiko wird vor Reisen auf dem Landweg in dieses Grenzgebiet, insbesondere mit dem Fahrrad oder Motorrad, auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes ausdrücklich gewarnt. Im Dezember 2003 sind hier 2 Deutsche und ein Ire gekidnappt worden. Angeblich von Drogenschmugglern. Wir sind zwar ein bisschen verrückt aber noch lange nicht lebensmüde und wir wollten dieses gefährliche Stück natürlich unbedingt meiden.

Doch es kam anders. Auf dem Busbahnhof der iranischen Stadt Zahedan schien es keine Busse in Richtung Grenze zu geben und ein geschäftstüchtiger Taxiunternehmer wollte unsere missliche Lage ausnutzen. Für 20 Dollar bot er an uns beide und die Fahrräder samt Gepäck die 100 Kilometer bis zur pakistanischen Grenze zu fahren. Der Preis schien uns angemessen, doch wie wollte er das alles unterbringen in einem koreanischen Kleinwagen von der Größe eines Opel Corsa? Es stellte sich heraus, dass er zwei Autos benötigte und den doppelten Preis. Wir reagieren allergisch auf uneingelöste Versprechen und obwohl er noch um 10 Dollar runterging und sich eifrig um uns bemühte sagten wir aus Prinzip nein, schwangen uns auf die Fahrräder und steuerten Richtung Grenze.

Die Straße war wie ausgestorben, rundherum nur menschenleere Wüste. Ein ideales Gebiet für Kidnapping. In einer Pause fragte ich Lina, ob ihr nicht ein wenig unwohl sei. Sie zuckte nur mit den Schultern und seufzte: "Hilft ja nichts. Jetzt müssen wir eine Entführung wohl in Kauf nehmen". Mir wurde fast schlecht und ich spähte ängstlich in die Ferne. Mit einem schiefen Lächeln versuchte ich ihre Antwort als misslungenen Scherz abzutun. Auf 100 km gab es nur ein paar Polizeiposten, und kein einziges Dorf. Auf keinen Fall wollten wir in dieser gottverlassenen Einöde übernachten. Von Angst getrieben traten wir kräftig in die Pedalen und kamen dank Rückenwind bereits am frühen Nachmittag heil an der Grenze an.

Mit viel Glück erwischten wir auf der pakistanischen Seite noch einen alten Reisebus. Mit den Fahrrädern auf dem Dach wackelten wir nun 600 km auf schlechten Straßen durch die sehr dünnbesiedelte, fast vegetationslose Wüstenlandschaft Beluchistans. Wir drückten uns die Nasen an der Scheibe platt und bedauerten es, dieses interessante Gebiet nur mit dem Bus durchfahren zu können. Flüchtlinge aus Afghanistan, Drogenhändler, und gewalttätige Stammesgruppen waren hier zugegen und diese Mischung hätte unsere Fahrt mit dem Fahrrad zu einem unkalkulierbaren Sicherheitsrisiko werden lassen. Der Bus war voller moslemischer Pilger und zu den festgelegten Gebetszeiten hielt er an, damit die Gläubigen in der Wüste ihre Teppiche ausrollen konnten, um in Richtung Mekka zu beten. Stundenlange Reparaturen am Bus verzögerten die Fahrt zusätzlich und so trafen wir erst nach 17 Stunden und einer langen Nacht in der Stadt Quetta ein.

Quetta ist die Haupstadt Beluchistans und stinkt entsetzlich. Die Abwasserkanäle fließen offen am Straßenrand und sind voller Müll. Am ersten Tag kosteten wir einige pakistanische Spezialitäten an den zahlreichen nicht sehr hygienischen Imbissbuden. Prompt holten wir uns beide eine Darminfektion, litten unter Durchfall und Magenkrämpfen. Mehrere Tage waren wir zu nichts mehr fähig und lagen meist schlafend mit Fieber im Bett. Unser Immunsystem muss sich erst an das ungewohnte Essen gewöhnen und wir sind mit der Wahl unseres Speiseplans nun etwas vorsichtiger.    andreaslina@yahoo.de




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