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Bericht 16 +++ April 2005 +++ Erdbeben in Iran +++ Zu Besuch in Zarand

Am frühen Morgen des 26. Dezember im Jahre 2003 bebte im Südosten Irans die Erde. Der größte Lehmziegelkomplex aus antiker Zeit mit der 2000 Jahre alten Zitadelle in der Stadt Bam zerfiel binnen Minuten zu Schutt und Staub und über 40.000 Menschen kamen damals ums Leben. Doch die Erde kommt hier nicht zur Ruhe. Nur ein gutes Jahr später, am 22. Februar 2005 erschütterte ein erneutes Beben diese Region, nur ca. 260 km von Bam entfernt. In und um die Stadt Zarand mußten über 600 Menschen sterben, 20 Dörfer wurden zerstört und 70% der Häuser beschädigt. Wir waren noch in der Türkei als wir von diesem Beben erfuhren, hatten aber völlig vergessen, dass es ausgerechnet diese Stadt getroffen hatte, in der wir jetzt mit unseren Fahrrädern einfuhren. Uns fielen nur die außergewöhnlich vielen, schmutzigweißen Zelte von der "Red Crescent Society" auf, eine Organisation mit der des Roten Kreuzes vergleichbar. Wir lernten einen jungen Iraner kennen, der uns in das Haus seiner Familie einlud. Das Haus war voller Risse und von Decken und Wänden bröckelte der Putz. Auch hier stand ein großes Zelt im Garten. Wochenlang suchte die Familie nach dem Beben hier Unterschlupf, aus Angst, dass das Haus des Nachts über ihnen zusammenbrechen könnte.

Langsam kehren die Bewohner nun in ihre beschädigten Häuser zurück und die Zelte werden abgebaut. Auch wir schliefen eine Nacht mit einem unguten Gefühl in diesem wackeligen Haus, vertrauten jedoch dem Instinkt der Familie, dass wohl nichts passieren würde.

Bei unseren zahlreichen Besuchen bei iranischen Familien haben wir keinerlei Möbel gesehen. Nur in einer Ecke steht meist ein kleiner Schrank für den Fernseher. Über Hausantenne können nur 5 Programme empfangen werden, Satellitenschüsseln sind verboten. Das Fernsehen ist staatlich kontrolliert, auch die Nachrichtensprecherinnen und Frauen in iranischen Filmen und Komödien tragen Kopftücher. Alle Räume sind mit Teppichen ausgelegt, und es wird erwartet, dass man sich vor dem Betreten der Räume die Schuhe auszieht. Gesessen, gegessen und geschlafen wird auf dem Boden, was bei unserer gewohnt europäischen Sitzweise nach einer Weile etwas schmerzhaft sein kann. Auf der Toilette sucht man vergebens nach Klopapier. Nach alter Tradition wird hier nach dem Toilettengang die linke Hand und Wasser benutzt, was natürlich sehr hygienisch sein kann. Wir können und wollen diese Sitte aber nicht übernehmen und benutzen wie gewohnt unser in speziellen Läden teuer erworbenes Toilettenpapier.

Zarand liegt ausserhalb der touristischen Trampelpfade und Reisende aus dem Ausland verirren sich hier nur äußerst selten. 15 km vor der Stadt wurden wir von zahllosen Motoradfahrern belästigt und ein Polizeiauto eskortierte uns mit Warnblinkanlage ins Zentrum.

Auf Wunsch unseres Gastgebers besuchten wir zwei Schulen, in denen wir mit den Studenten über Politik und den Sinn und Unsinn des Tragens von Kopftüchern diskutierten. Die Studenten können sehr frei ihre Meinung äußern und uns wurde erlaubt auch politische Fragen zu stellen. An der Politik von George Bush wird verständlicherweise kein gutes Haar gelassen. Vorwiegend herrscht die Meinung, dass man jede Religion und den Glauben anderer Menschen respektieren und tolerieren sollte, die Wurzel aller Religionen sei die gleiche, und beinhaltet den Aspekt in Frieden und Harmonie miteinander zu leben, über alle Grenzen hinweg.    andreaslina@yahoo.de




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