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Bericht 42 +++ Im Reich der Han-Chinesen +++ Unser Jahr in China +++ Teil 2

Von Beijing radelten wir via Xi'an nach Chengdu (Sichuan-Provinz). Für chinesische Verhältnisse eine recht angenehme Stadt. In den nahegelegenen bewaldeten Bergen ist die Heimat der Pandabären. In der Stadt gibt es einen sehr schönen Zoo mit groß angelegten Gehegen, wo die Pandabären viel Auslauf haben. Pandas erscheinen oft sehr träge, faul und langsam, dabei sind sie gezwungen Energie zu sparen, weil der Bambus als Hauptnahrung nicht sehr nährstoffreich ist. Wir hatten das Gefühl, dass sie sich hier wohlfühlen und die Freiheit nicht vermissen. Sie werden hier außerordentlich gut behandelt. Manchmal bekommt ein Pandaweibchen zwei Junge, die mit schütterem weißen Fell bedeckten Neugeborenen haben gerade einmal ein Körpergewicht von etwa 100 Gramm und in etwa die Größe einer Ratte. Doch die Mutter ist nicht in der Lage beide aufzuziehen und ein Junges wird in der Regel von ihr getötet. Um dies zu vermeiden, haben die Menschen hier eine Station eingerichtet, wo die verstoßenen Babys im Brutkasten wie menschliche Frühgeburten künstlich aufgepäppelt werden. Es gibt mehrere Arten von Pandas. Besonders eindrucksvoll sind die "Giant Pandas" von denen nur noch etwa 1000 Exemplare in freier Wildbahn leben (und das ausschließlich in China), streng geschützt durch den WWF (World Wildlife Fund) und als Wappentier der Olympischen Spiele 2008 in Peking. Giant Pandas erreichen ein Körpergewicht von bis zu 160 kg. Sie ernähren sich fast ausschließlich von Bambus (bis zu 40 kg täglich) und es ist putzig anzuschauen, wie sie faul auf dem Rücken liegend an ihren Bambusstangen knabbern.

Interessante Begegnungen gab es in Kanding, hier beginnt die tibetische Welt. Jeden Abend werden hier wunderbar harmonische Tänze von den Tibetern veranstaltet. Es war für uns immer eine Wonne das anzuschauen. Moni und Robi haben wir hier wieder getroffen, das vierte Mal in Asien. Die beiden Schweizer haben von Indien aus ein Segelboot nach Malaysia genommen, wir hatten den Landweg über Pakistan und China gewählt, beides war wohl ähnlich schwierig. Die beiden hatten mit Malaria und einem selbstsüchtigen Skipper zu kämpfen und mussten trotz ihrer Krankheit ständig das Deck schrubben, doch letztlich haben sie Malaysia erreicht und fuhren in den chinesischen Winter. Eine kurze Zeit waren wir mit erstaunlichen Leuten aus Frankreich zusammen: Betty und Jipi. Betty 62 Jahre, Jipi 60 Jahre, 5000 km hatten sie bereits zurückgelegt mit ihren Fahrrädern von Kirgistan in 3 Monaten. Ihr Traum war Lhasa zu erreichen, doch Betty wurde von einem Hund gebissen. Die Wunde reichte bis auf den Knochen und die Reise war zu Ende.

Litang war für uns die schönste Stadt auf diesem Abschnitt der Reise. Mit über 4000 Metern eine der höchst gelegenen Städte der Welt, es gibt sehr wenig Tourismus hier und das faszinierte uns. Nur selten gibt es auf der Welt wohl solche Rituale wie das "Sky-Burial" (deutsch: "Himmels-Bestattung"), das hier regelmäßig von einer tibetischen Sekte praktiziert wird. Der Körper des Toten wird nicht vergraben oder verbrannt, sondern von einem speziell für diesen Zweck auswählten Mönch zerstückelt, und das Fleisch den Geiern angeboten, die sich gerne davon bedienen. In Litang warteten wir auf eine Gelegenheit, einem solchen Ereignis als Augenzeugen beiwohnen zu können. Es war uns nicht vergönnt, nach einer Woche mussten wir weiterziehen. Wir würden, was unsere Körper betrifft, diese Bestattungsart der in Europa üblichen vorziehen. Nach unserer Ansicht besser als in der dunklen Erde zu verwesen oder zu einem Häufchen Asche zu verbrennen.

Der nun folgende Abschnitt unserer Reise stellte sich als einer der körperlich anstrengendsten auf unserer Reise heraus. Der Asphalt endete und somit auch der Verkehr. Wir waren so gut wie allein auf der Straße, aber wir wurden dafür von einer sagenhaften Landschaft belohnt. Tiefe Schluchten und bizarre Berglandschaften gingen ineinander über, Ackerbau und Viehzucht ist in diesem extremen Gebieten nur in begrenztem Umfang möglich und nur wenige Menschen gibt es hier in dem sonst so dicht bevölkerten China. Verschiedene Spezies einer mannigfaltigen Flora kompensierten unsere Anstrengungen mit einer unglaublichen Vielfalt von herbstlichen Farben.

Die alte Stadt von "Dali" ist für westliche Menschen wohl einer der Haupt­anziehungs­punkte in China. Hier bekommt der "Westler" alles, was sein Herz begehrt. Alle erdenklichen Sorten westlicher Alkoholika, Haschisch, Opium und natürlich westliche Speisen von jeder Art. Man kann hier sehr gut leben, ohne zu arbeiten und für sehr wenig Geld, aber vielen Leuten wie uns ist dieses "easy life" einfach zu langweilig. Um den Umweg über die Hauptstadt von der südlichen Provinz Yunnan Kunming zu vermeiden, ließen wir die Fahrräder in Dali und fuhren mit dem Bus nach Kunming, um laotische und thailändische Visa zu beantragen. Die Laoten machten uns keine Probleme, doch für uns nicht nachvollziehbar, ver­langten die Thailänder ein Flugticket nach Bangkok, ohne das sie uns kein Visum ausstellen wollten. Hinter Dali nahmen wir an, die schwierigen Berge größtenteils hinter uns gelassen zu haben. Doch es kam noch schlimmer. Hier begann strecken­weise das unter Fahrradfahrern berüchtigte Kopfsteinpflaster, mit dem Fahrrad schwerer zu befahren als die Schotterpisten in Tibet. Einmal mussten wir acht qualvolle Stunden bergauf schieben, wobei wir 27 Kilometer und 500 Höhenmeter überwanden. Der Aufstieg war zu steil und die Straße zu holprig, sodass wir keine andere Wahl hatten mit unseren schwer beladenen Fahrrädern.

Im Norden von Laos, bei Boten, überquerten wir die Grenze und kamen in eine völlig andere Welt. Die Leute hier haben wesentlich mehr Respekt vor Ausländern, einen relaxteren Lebensstil und scheinen zufriedener zu sein als die Chinesen, die mit ihrem Wahn dem Geld hinterherzujagen vergessen, ihr Leben zu genießen. Wir sind fertig mit China und werden hier höchstwahrscheinlich nicht mehr zurückkehren.   andreaslina@yahoo.de




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