Bericht 51 +++ Oktober 2008 +++ Die Geisterstadt Beltana

Nach unseren rund 3.000 Kilometern durch die australische Ödnis kamen wir endlich nach Beltana. Glenys und John, die wir in Alice Springs kennengelernt hatten, empfingen uns herzlich und wiesen uns eins von 6 Zimmern in dem großen Haus zu. Die beiden leben und arbeiten in dem 1.200 km nördlich gelegenen Alice Springs und schauen hier nur gelegentlich nach dem Rechten. Nach zwei Tagen ließen sie uns allein in der ehemaligen Polizeistation. Das Haus liegt majestätisch auf einem Hügel und man hat einen tollen Rundblick auf die Berge der Flinders Range. Wir genossen die Stille und erholten uns von den Strapazen und sind mittlerweile über einen Monat hier.

Beltana ist ein ungewöhnlicher Ort mit einer unbeschreiblichen Atmosphäre. In der Online-Enzyklopädie "Wikipedia" wird dieser Ort als "Semi-ghost town" tituliert, was so viel heißt wie Halb-Geisterstadt. Einst ein blühender Ort mit bis zu 500 Einwohnern geistern heute nur noch ein paar verirrte Seelen durch die baufällige Umgebung. Neben ein paar Menschen auch ein paar Emus und Kängurus. Die Geschichte Beltanas begann 1870 mit einer Kupfermine, dann wurde hier eine Telegrafenlinie gebaut, anschließend sogar eine Eisenbahn. Die Minen und der berühmte "Ghan Railway" (Bericht 50) hauchten Beltana Leben ein und als die Minen schlossen und die Eisenbahn umgeleitet wurde gab es auch keinen Grund mehr für die Leute hierzubleiben und Beltana entwickelte sich zu einer Geisterstadt mit einigen wenigen Bewohnern. Beltana liegt mitten im sogenannten australischen "Outback". Die meisten Australier möchten eigentlich nichts mit diesem Teil ihres Landes zu tun haben, denn das Leben hier draußen ist heiß, öde und entbehrungsreich.

Der Großteil der rund 21 Millionen Australier lebt konzentriert in einem kleinen Gebiet an der Südostküste, ein Gebiet, das die Form eines Bumerangs hat und auch so genannt wird. Hier befinden sich auch die beiden Millionenmetropolen Sydney und Melbourne, hier ist das Land fruchtbar und alles erdenklich Ess- und Trinkbare wird hier kultiviert, wie in den fruchtbaren Gebieten Europas. Dieser Teil nimmt nur einen winzigen Teil des sonst fast menschenleeren Kontinents ein, der Rest besteht zum großen Teil aus unfruchtbarer Steppe oder Wüste. Wasser ist hier Mangelware, die Flüsse sind meist ausgetrocknet. Die Menschen, die hier leben, holen sich das Wasser aus dem Boden, sogenanntes "Bore-Wasser". Es stammt aus dem größten und tiefsten Grundwasserreservoir der Erde, dem "Great Artesian Basin", sickert tausende Kilometer entfernt durch Regen in tiefe Bodenschichten, sammelt sich dort und reichert sich durch mineralhaltige Ablagerungen mit Salz an in varianten Konzentrationen. Es ist etwa 2 Millionen Jahre alt und schmeckt dementsprechend gewöhnungsbedürftig, es ist größtenteils aber durchaus trinkbar. Hier in Beltana, wie so oft hierzulande, wird das Wasser wegen der zuverlässigen Winde mit einer hauseigenen Windmühle wie vor mehr als 100 Jahren aus dem Boden gepumpt. Das ist eine effektive, einfache und sehr umweltfreundliche Technik.

Außerdem wird hier das in diesen Breiten so kostbare Regenwasser aufgefangen. Das bei den seltenen Regenfällen von den Dächern herabfließende Wasser wird von den Regenrinnen in zwei großen Wassertanks gesammelt, und anschließend mit einer elektrischen Pumpe ins Haus geleitet. Um das Regenwasser nicht zu verschwenden, haben die Leute in diesem Haus, in dem wir momentan zu Gast sind, ein kompliziertes Wasserleitungssystem installiert. Es kann vollständig auf Bore- oder Regenwasser umgestellt werden, doch meist werden die Toilette und das kalte Wasser im Bad mit Borewasser betrieben, Regenwasser kommt in der Küche aus dem Hahn.

Dieses Haus war zur Blütezeit Beltanas eine Polizeistation. In einem separaten Gebäude kann man noch die drei Arrestzellen besichtigen, die jetzt als Abstellräume genutzt werden. Unsere Gastgeberin Glenys kaufte dieses Haus 1982 und machte es für private Zwecke bewohnbar. Da sie jetzt im über eintausend Kilometer entfernten Alice Springs lebt und arbeitet, steht das Haus meist leer, und das ist wohl auch der Grund, warum sie sehr gerne Gäste hier hat, um ihm in ihrer Abwesenheit etwas Leben einzuhauchen. Denn aufgegeben hat sie es noch lange nicht. Sie möchte sich hier bald zur Ruhe setzen, sie liebt diesen Ort, trotz oder gerade wegen seiner Abgeschiedenheit. Das macht sie zu einem ungewöhnlichen Menschen, denn die meisten würden hier wegen der Isolation schlicht verrückt werden.

www.canismajor.de   Foto: Andreas serviert Frühstück in Beltana   andreaslina@yahoo.de   © Andreas Killat